17. Oktober 2017 | NetZwerg

Let’s talk about Media Relations

Der Daimler-Blog feiert 2017 zehnjähriges Bestehen. Wie hat sich die Blogger-Landschaft in der Zeit aus Ihrer Sicht verändert?

Während 2007 Blogs noch in den Deutsche Blogcharts oder im Technorati Blogranking gelistet waren, es eine Google Blogsuche gab, wird das Social Web heute zum Großteil von Facebook dominiert. Damals wurde noch heftig darüber diskutiert, welchen Stellenwert Blogs im Vergleich zu klassischen journalistischen Webangeboten einnehmen.

Die 2005 gegründete Huffington Post startete als linksliberales Mehrautorenblog, bei dem sich die schreibenden Journalisten als Blogger bezeichneten. In diesem Gerangel um die Online-Hoheit entwickelten sich Blogs wie beispielsweise Mashable oder Techcrunch zu den meist besuchten News-Seiten weltweit. Mit den klassischen Blogs haben solche Webseiten jedoch nichts mehr gemeinsam.

Heute ist oft nicht mehr klar erkennbar, welche Webseite den Ansatz eines Blogs verfolgt und welche ein Hochglanzmagazin auf Basis von WordPress in’s Netz stellt. Denn der Begriff „Blog“ kommt von Weblog (Web Logbook), also einer Art Internet-Tagebuch. Dementsprechend schreiben dort Menschen ihre subjektive Sicht der Dinge als Geschichte auf.

Da bin ich ganz „Traditionalist“ und halte am Ursprungsgedanken fest. Geht man zu weit davon weg, dann verschmelzen klassische Websites mit Blogs und der Besucher verliert die Orientierung, wo er welchen Content erwarten kann.

Wohin wird die Reise in Zukunft gehen?

Prognosen sind ja bekanntlich schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen 😉 – insofern kann ich nur spekulieren. Richtig betrieben wird ein Corporate Blog immer seine Berechtigung haben. Die Corporate Website ist die erste Anlaufstelle für Menschen, die sich über ein Unternehmen informieren wollen, das Blog die kleine Schwester, die Hand in Hand mit der großen geht. Manchmal zieht sie nach links, manchmal nach rechts. Manchmal plappert sie munter d’rauf los und überrascht damit den Leser. Ein Blog ist im Idealfall schnell, flexibel und gut vernetzt und ergänzt die Corporate Website mit persönlichen Geschichten.

Facebook, Twitter oder LinkedIn dienen dazu, Referrertraffic auf Owned Media zu bringen. Eigener Content sollte nicht originär auf Social Media stattfinden, weil er dort einfach zu schnell durch die Timeline rauscht und oft nicht mehr aufgefunden werden kann. Nachhaltig wirkende Inhalte sollten auf den eigenen Seiten stattfinden, da hat man mehr Kontrolle und kann über Analytics und SEO besser steuern.

Daimler hat dem Blog mit Amazon Echo und Alexa im Juli das Sprechen beigebracht. Welche Hürden mussten Sie sowohl intern als auch technisch überwinden, damit das funktioniert?

Das war tatsächlich sehr einfach, es musste dazu nur ein Alexa Skill angelegt werden. Der Vorteil war, dass unsere Blogbeiträge bereits eine Sprachversion hatten, auf die Alexa zurückgreifen kann, so dass die Beiträge von echten Menschen vorgelesen werden und nicht von ermüdenden Computerstimmen. Diese Vorlesefunktion hatten wir bereits im Dezember 2015 eingeführt.

Welche Bedeutung haben die Global Media Site, die Corporate Website und das Daimler-Blog für die Daimler AG?

Alle drei Plattformen sind Instrumente unserer externen Online-Kommunikation und ergänzen sich perfekt. Dabei zielen die Plattformen auf unterschiedliche Zielgruppen ab. Die Media Site wendet sich hauptsächlich an Journalisten oder Menschen, die wiederum über eigene Medien die Öffentlichkeit erreichen. Der Besucher fungiert dort als Gatekeeper oder Mittelsmann. Eine Pressemitteilung ist lediglich ein Angebot an den Besucher, sich eines Themas anzunehmen. Ob er das tut, wann, wie und wo er das macht, das liegt nicht in unserer Hand.

Die Corporate Website und das Daimler-Blog hingegen wenden sich direkt an eine möglichste breite Öffentlichkeit. Wir haben selbst in der Hand, wann wir etwas veröffentlichen und wie wir es gestalten. Dabei bietet die Corporate Website strategisch wichtige Inhalte, einen generellen Überblick über das gesamte Unternehmen und natürlich auch Pflichtberichterstattung. Die größten Besuchergruppen dort sind Bewerber und Investoren.   

Beim Daimler-Blog bekommt unser Unternehmen über die bloggenden Mitarbeiter ein Gesicht, die Geschichten kommen dort direkt aus der Feder der Belegschaft. Die Autoren sind ansprechbar und reagieren auf Kommentare. Die Werkstore sind dort sozusagen 365 Tage im Jahr geöffnet.

Was muss ein Blog Ihrer Erfahrung nach bieten, um im Informationsüberangebot des Netzes positiv wahrgenommen zu werden? 

Der inzwischen schon etwas abgenutzte Begriff „Authentizität“ ist neben dem Herstellen von Transparenz ein ganz wichtiger Punkt. Authentisch bedeutet in diesem Zusammenhang, dass unsere Mitarbeiter so schreiben, wie sie es tun würden, wenn sie einem guten Freund die Geschichte per Mail erzählen. Wenn sie das schaffen, dann öffnen sie sich und der Beitrag wirkt besonders glaubwürdig. Diese Offenheit wirkt sich am Ende auch positiv auf das Unternehmen und dessen Wahrnehmung in der Öffentlichkeit aus. Eine gewisse Regelmäßigkeit und Aktualität der Themen setze ich als gegeben voraus.

Kann Corporate Blogging in jedem Unternehmen funktionieren?

Ein Corporate Blog funktioniert langfristig nur, wenn im jeweiligen Unternehmen grundsätzlich eine offene und transparente Unternehmenskultur vorherrscht. Das Daimler-Blog zeigt daher nicht nur, welche Produkte wir herstellen, wie wir als Unternehmen mit Kritik umgehen oder welche vielfältigen Möglichkeiten Mitarbeiter haben, sich innerhalb des Unternehmens zu entwickeln. Es macht auch schön sichtbar, welche Kultur im Unternehmen vorherrscht.

Zu guter Letzt: Wir bei NetFed lieben Filme. Können Sie einen Film zum Thema Bloggen empfehlen? 

Wenn es um gute, persönliche und berührende Geschichten gehen soll – und um die geht es ja beim Bloggen auch – dann würde ich „K-PAX – Alles ist möglich“ mit Kevin Spacey in der Hauptrolle empfehlen. Der sympathische Protagonist Prot (Kevin Spacey) taucht plötzlich in der New Yorker Central Station aus dem Nichts auf und behauptet, vom Planeten K-PAX zu kommen. Er wird deshalb sicherheitshalber in die Psychiatrie eingewiesen. Dort glauben die Insassen dem neuen Patienten seine wunderlichen Geschichten und konkurrieren darum, wer von ihnen mit ihm zurück nach K-Pax reisen darf.

Er behauptet nämlich, er könne in Lichtgeschwindigkeit reisen. Der Klinikarzt (Jeff Bridges) hingegen würde Prot gerne als Spinner entlarven, unterzieht ihn zahlreichen Tests und ist dabei beeindruckt, in welchem Detaillierungsgrad der vermeintliche Außerirdische astrophysikalischen Fragen mit verblüffenden Details beantworten kann. Eine schöne Geschichte über Menschen, Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Insofern passt sie indirekt ganz gut zum Thema Bloggen.

Uwe Knaus, Manager Corporate Website & Daimler-Blog, im Bereich Unternehmenskommunikation der Daimler AG.

Uwe Knaus war 2007 zuständig für die Konzeption und den Launch des Daimler-Blogs. In den Folgejahren verantwortete er die strategische Weiterentwicklung des Corporate Blogs. Von 2010 bis 2017 steuert er darüber hinaus den strategischen Einsatz von Social Media zur Erreichung der Kommunikationsziele. Seit Anfang 2017 ist er für Konzeption, Weiterentwicklung und für den Betrieb der Coporate Website und des Daimler-Blogs zuständig.

Uwe Knaus studierte Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Personal- und Organisationswesen und ist seit 26 Jahren in verschiedenen Positionen bei der Daimler AG beschäftigt.

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