
Was macht OTTO so erfolgreich im Recruiting? Im Interview verrät Denise Ravekes, wie modernes Employer Branding aussieht und wie man bei jungen Talenten digital punktet.
Während viele Unternehmen ihre Karriereseiten wie digitale Einbahnstraßen gestalten, hat OTTO offenbar verstanden: Talente suchen Jobs heute ähnlich kritisch wie Produkte. Mit einem lebendigen Tech-Blog und authentischen Einblicken hinter die Kulissen oder mit einem "Kulturmatcher", der Bewerber*innen und Unternehmenskultur zusammenbringt, hat sich die Hamburger Online-Plattform auf Platz 3 des aktuellen HR Benchmarks katapultiert.
Was steckt hinter diesem digitalen Erfolgsrezept? Und wie schafft es ein Unternehmen mit 75 Jahren Erfolgsgeschichte, in der Tech-Szene als cooler Arbeitgeber zu punkten?
Wir haben bei Denise Ravekes nachgefragt, die bei OTTO nicht nur Bewerber*innen, sondern auch uns Rede und Antwort steht – über mutige HR-Innovationen, die Kunst authentischer Arbeitgeberkommunikation und warum es wichtig ist, die Bedürfnisse der Bewerber*innen ernst zu nehmen.
Christian: Hallo Denise, herzlichen Glückwunsch zum dritten Platz im HR Benchmark. Schon seit vielen Jahren zählt eure Karriereseite zu den Top Unternehmen in unserem HR Benchmark. Wie fühlt sich das an, im Karrierebereich hinsichtlich der digitalen Präsenz zu den führenden deutschen Unternehmen zu gehören?
Denise: Es freut uns natürlich sehr, dass unsere kontinuierlichen Bemühungen, eine ansprechende und benutzerfreundliche Karriereseite zu gestalten, Früchte tragen. Es motiviert uns, weiterhin innovativ zu sein und unsere digitale Präsenz zu verbessern. Wir glauben, dass eine starke Online-Präsenz entscheidend ist, um talentierte Mitarbeiter*innen zu gewinnen und eine positive Unternehmenskultur zu fördern. Es ist spannend zu sehen, wie wir im Vergleich zu anderen führenden Unternehmen abschneiden und wir sind bestrebt, diesen Standard zu halten und weiter zu verbessern.
Christian: Mir ist aufgefallen, dass sich eure Karriereseite in letzter Zeit ziemlich gewandelt hat. Was habt ihr denn in den letzten 12 Monaten konkret verändert? Gab's da bestimmte Punkte, wo ihr gesagt habt: "Das müssen wir unbedingt anders machen"?
Denise: Wir analysieren laufend unsere Karrierewebsite, schauen uns Trends an und werten unsere unterschiedlichen Befragungstools aus. Daraus entwickeln wir neue Features, um die User Experience und den Content kontinuierlich zu verbessern. Das Feedback unserer Nutzer*innen bestimmt also die Weiterentwicklung der Karriereseite. Daher haben wir dieses Jahr ein CV Parsing entwickelt, um die Bewerbung, insbesondere für Studierende und Schüler*innen weiter zu optimieren. Außerdem haben wir einige Landingpages inhaltlich optimiert und den Bewerbungsstatus, den Bewerber*innen nach Absenden ihrer Bewerbung einsehen können, für noch mehr Transparenz überarbeitet.
Christian: Besonders gut finde ich den "Kulturmatcher", den ihr da eingebaut habt. Wie kam's zu der Idee? Und funktioniert das gut – merkt ihr, dass die Leute, die dadurch kommen, besser zu euch passen?
Denise: Das Tool ist ein Self-Assessment. Es gibt Kandidat*innen die Möglichkeit herauszufinden, wie gut unsere Kultur zu den eigenen Werten passt. Für uns sind Transparenz und Nähe der Schlüssel für eine authentische Kommunikation unserer Kultur. Ob der Kulturmatcher zu einer besseren Passung unserer Bewerber*innen führt, können wir aber nicht ableiten. Das Feedback unserer Bewerber*innen ist allerdings durchweg positiv und viele beziehen sich in ihren Bewerbungsgesprächen darauf.
Christian: Apropos moderne Tools – seit ChatGPT ist KI ja in aller Munde. Ihr nutzt auch schon einige KI-Lösungen, wenn ich das richtig gesehen habe. Wie läuft's damit? Gibt's da bestimmte Gruppen, die total begeistert sind, und andere, die eher skeptisch bleiben?
Denise: Grundsätzlich herrscht im Unternehmen große Neugier und Begeisterung für KI-Themen. Wir haben ein eigenes, datenschutzkonformes Tool mit generativer KI, unseren ogGPT, entwickelt, der allen Mitarbeitenden zur Verfügung steht. Außerdem haben wir ein ein GenAI Ambassador Programm ins Leben gerufen. Im Rahmen des Programms werden Mitarbeitende zum Thema KI geschult und können auch an unterschiedliche Sessions teilnehmen. Insbesondere der Austausch und die Vernetzung sind hierbei sehr hilfreich.
Christian: Was mir auch aufgefallen ist – ihr setzt stark auf Geschichten eurer Mitarbeiter. Die wirken echt authentisch, nicht wie diese typischen "Ich liebe meinen Job"-Marketingtexte. Wie stellt ihr das sicher? Habt ihr da bestimmte Tricks, damit die Leute wirklich aus dem Nähkästchen plaudern?
Denise: Für uns ist es sehr wichtig, dass wir ein umfassendes Bild unserer Kolleg*innen zeigen können. Um authentische Geschichten zu erzählen, setzen wir auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Die Kolleg*innen sollen selbst motiviert sein, etwas über ihren Job zu erzählen. Wir ermutigen sie, ihre persönlichen Erfahrungen in ihren eigenen Worten zu teilen. Dabei helfen wir ihnen, indem wir gezielte Fragen stellen, die sie dazu anregen, über ihre Herausforderungen, Erfolge und den Alltag bei OTTO zu sprechen. Auch unser Corporate Influencer Programm unterstützt unsere Kolleg*innen dabei, mutig ihre Geschichten zu teilen. Außerdem achten wir darauf, dass wir verschiedene Perspektiven aus unterschiedlichen Abteilungen und Positionen zeigen. Das macht OTTO aus.
Christian: Was ich mich bei euch auch immer frage: Ihr sprecht ja sehr unterschiedliche Leute an – von Tech-Nerds über E-Commerce Profis bis zu Modeexpert*innen. Wie schafft ihr es, dass sich alle angesprochen fühlen?
Denise: Um die Interessen und Bedürfnisse der Zielgruppen zu kennen, vernetzen wir uns mit den relevanten Teams. Kommunikation auf Augenhöhe kann nur gewährleistet werden, wenn wir unsere Kolleg*innen selbst sprechen lassen. Auf diese Weise können wir unsere Inhalte so gestalten, dass sie auf die jeweiligen Zielgruppen zugeschnitten sind. Das bedeutet, dass wir beispielsweise für Tech-Interessierte technische Herausforderungen und Innovationsprojekte hervorheben, während für E-Commerce Profis und Modeexpert*innen andere Inhalte relevant sind. Zusätzlich nutzen wir verschiedene Kanäle, um diese unterschiedlichen Gruppen zu erreichen, sei es über Social Media, Fachkonferenzen oder gezielte Online-Kampagnen. Indem wir authentische Geschichten von Kolleg*innen aus verschiedenen Bereichen erzählen, schaffen wir eine Verbindung und zeigen, dass wir ein vielfältiges Arbeitsumfeld bieten. So fühlen sich alle angesprochen und können sich mit unserer Marke identifizieren.
Christian: Wenn man so viel in die digitale HR-Präsenz investiert, will man ja auch wissen, ob der Aufwand sich auch rentiert. Wie messt ihr eigentlich den Erfolg? Gibt es da bestimmte Zahlen, auf die ihr besonders schaut? Also jenseits von "Wir haben X Bewerbungen bekommen"?
Denise: Natürlich schauen wir uns regelmäßig relevante Online-Kennzahlen an. Dabei gibt es ein monatliches Reporting mit Erfolgsmessungen zu Userzahlen, Sitzungen und Seitenaufrufen. Weitere wichtige Kennzahlen für uns sind die Anzahl der Aufrufe der Stellenanzeigen sowie die Bewerbungsrate. Ebenso werden die Kanaleffizienz und Erfolgstreiber unserer Kampagnen regelmäßig getrackt. Selbstverständlich treffen wir aus diesen Erkenntnissen Ableitungen für zukünftige Maßnahmen.
Christian: Zum Abschluss noch ein Blick in die Glaskugel: Die digitale Welt dreht sich ja irre schnell weiter. Was glaubst du, was sind die nächsten großen Dinge im digitalen Recruiting? Und was plant ihr bei Otto für die Zukunft – gibt es da schon was in der Pipeline, was du verraten kannst?
Denise: Personalisierung wird zukünftig noch wichtiger werden. Wie schaffen wir es, die unterschiedlichen Nutzer*innen noch zielgerichteter mit den relevanten Informationen zu versorgen? Auch das Thema KI bleibt weiterhin ein absoluter Treiber für Innovationen. Wir werden unsere Suche weiter optimieren und noch besser auf die Bedürfnisse unserer Nutzer*innen eingehen. Da könnt ihr gespannt sein.
Christian: Vielen Dank für die spannenden Einblicke, Denise! Ein herzliches Dankeschön, dass du dir die Zeit genommen hast, um auf unsere Fragen zu antworten. Auch für die Zukunft wünsche ich dir privat und beruflich nur das Beste.

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