16. Februar 2018 | Thorsten Greiten

IR-Trends 2018

Im Wochentakt erscheinen neue Studien und Hiobsbotschaften zur Digitalisierung der deutschen Wirtschaft und ihrer Konzerne: So titeln etwa das Handelsblatt „150 statt 1900 – Studie sagt Bankensterben voraus“ und Spiegel Online „Digitalisierung bedroht 3,4 Millionen Jobs“. Die Digitalisierung schreitet voran und die Akteure geraten unter Druck, weil sie diesen Megatrend sträflich vernachlässigen. Das Entwicklungstempo beschleunigt sich täglich, während die Reaktionszeiten abnehmen. Nur bei den GroKo-Verhandlungen hat man sich Zeit gelassen – doch das Thema Digitalisierung wurde weitestgehend ausgespart! Deutschland möchte gerne groß mitspielen, aber die besten Straßen und Plätze im global-digitalen Monopoly sind bereits vergeben!

Die hiesige Wirtschaft hat in der Breite weder verstanden, was Digitalisierung bedeutet, noch hat sie das Ausmaß dessen begriffen, was auf uns zurollt: Jede Information wird überall für jedes System in Echtzeit zur Verfügung stehen. Was automatisiert werden kann, wird automatisiert. Was vernetzt werden kann, wird vernetzt. Was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert. Warum das genau jetzt der Fall ist, haben wir bereits erläutert: Digitaler Stress für alle Beteiligten.

Der harte, eisige Wind der Stakeholder bläst als allererstes Corporate Communications und Investor Relations in‘s Konzerngesicht.

Was kommt im ersten Schritt in den nächsten Monaten auf Corporate Communications und Investor Relations zu?

Drei Themen stechen hier hervor:

1. MiFID II steigert Wichtigkeit sauber strukturierter digitaler IR-Inhalte und aktiver Multi Channel-Kommunikation.

Im Zuge der Einführung der MiFID-II-Richtlinie werden institutionelle Investoren verpflichtet, ihre Kosten offenzulegen. Das bedeutet konkret, dass Themen wie Aktien-Research oder die Organisation und Moderation von Roadshows und Konferenzen auf den Prüfstand kommen werden. Durch den entstehenden Kostendruck ist zu erwarten, dass die Analystendichte, beziehungsweise das Coverage, dramatisch abnehmen wird. Im Wettstreit der Aufmerksamkeits-Ökonomie um Wahrnehmung am Kapitalmarkt und faire Bewertung des Unternehmenswerts werden digitale Angebote stark an Bedeutung gewinnen.

2. Datenschutz wird konzernweit prüfungsrelevant und „Showstopper“ in digitalen Projekten.

Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) tritt am 25. Mai 2018 in Kraft. Sie gilt explizit auch für Anbieter mit Sitz außerhalb der EU, soweit sie ihre Angebote an Bürger in der EU richten (wie etwa Facebook und Google). Der Ort der Datenverarbeitung spielt keine Rolle mehr. Jedes Unternehmen und Stelle muss nachweisen können, dass sie ein Gesamtkonzept zur Einhaltung des Datenschutzes besitzen. Diese müssen sie auch regelmäßig kontrollieren und ggf. weiterentwickeln. Einzelne Passagen betreffen unmittelbar die digitalen Projekte von IR und Corporate Communications, hier einige Auszüge:

  • „Zukünftig müssen alle Datenschutz-Pannen gemeldet werden, unabhängig von der Art der Daten, sofern ein Datenschutzrisiko besteht.“
  • „Die Meldung muss innerhalb von 72 Stunden nach Kenntnis bei der Aufsichtsbehörde eingereicht werden. Auch die Betroffenen sind „ohne unangemessene Verzögerung“ zu benachrichtigen!“
  • Fast jeder Verstoß gegen die DS-GVO kann geahndet werden. „Der Bußgeldrahmen wird deutlich erhöht und kann bis zu 20 Mio. EUR oder 4 Prozent des gesamten weltweiten erzielten Jahresumsatzes betragen, je nachdem, welcher Betrag höher ist.“

Haben Sie Fragen zum Datenschutz? Wir beraten Sie gerne.

3. Usability entscheidet über erfolgreiche PR-/IR-Kommunikation.

Für Customer Experience (CX) muss kein Bewusstsein mehr geschaffen werden, wir alle kennen die Bedeutung aus unserem privaten Umfeld. Entsprechend hoch sollten beispielsweise die Investitionen in Mobile IT, Social Content und Analytics angepasst werden. Wir Verbraucher wissen ganz genau, zu welcher Zeit und über welchen Online-Shop Produkte am billigsten zu haben sind. Für Unternehmen heißt das: sie müssen Kundenwünsche und -gewohnheiten sowie ihre Wahrnehmung immer präziser einschätzen können, zum Beispiel indem sie Kundenhistorien exakt analysieren. Der Begriff Customer Journey umreißt das und muss auch für Zielgruppen wie Analysten, Investoren oder Journalisten stets neu durchdacht werden.

Der Aufbau von Vertrauen in die eigene Aktie und eine entsprechenden Corporate Story ist und bleibt eines der Hauptziele von Investor Relations. Die Entwicklung einer Digitalstrategie für den eigenen Bereich und der Aufbau geeigneter Ressourcen und Budgets sind dabei essentiell! Wer bei der aktuellen Geschwindigkeit im Markt nicht mitgeht, wird schon bald selber gehen müssen – und das nicht über Los.

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