Frauen in Führungspositionen: Unternehmen handeln zögerlich und kommunizieren zu wenig
Seit einigen Jahren versucht die Politik regulierend einzugreifen, um mehr Frauen in Führungspositionen zu etablieren. Als Allheilmittel gilt hier die Quote, doch der Prozess verläuft quälend langsam, auch weil zu viel über eben jene Quote diskutiert wird. Dabei sind die Unternehmen gefragt, von sich aus zu handeln.
In unserem CSR Benchmark 2020 haben wir festgestellt, dass 27 der größten 60 Unternehmen Deutschlands keine Kennzahlen zu Frauen in Führungspositionen veröffentlichen. 45 % der Konzerne machen zu dieser für viele Zielgruppen so wichtigen Information keine Angaben – verschweigen dieses Thema also gänzlich! Frauen sind in Führungspositionen nicht nur unterrepräsentiert, sondern es fehlt auch an transparenter Kommunikation in diesem Bereich.
Die Politik versucht hier regulierend einzuwirken und befeuert diesen Vorgang durch die Diskussion um eine Quotenregelung. Am 06.01.2021 trat das zweite Führungspositionengesetz zur sogenannten „Mindestbeteiligung“ von Frauen in Kraft. Laut diesem muss in Vorständen mit mehr als drei Personen bei einer Neubesetzung mindestens eine Frau aufrücken. Doch das Gesetz hat einen gewaltigen Haken: Von den über 15.000 Großunternehmen gilt dies nur für die 70 börsennotierten Konzerne. Das sind weniger als 0,5 %!
Stand der Dinge
Knapp 47 % der Erwerbstätigen in Deutschland waren 2019 weiblich. Der Anteil der weiblichen Führungskräfte hingegen war wesentlich geringer. Im Jahr 2019 waren weniger als 30 % der Führungspersonen in Deutschland weiblich, in den größten börsennotierten Unternehmen sogar nur gut jede zehnte. Damit liegt Deutschland auf dem Niveau von Ländern wie Indien oder der Türkei.
In anderen Staaten wie Schweden, Norwegen und verschiedenen osteuropäischen Ländern sind es deutlich mehr, sowie auch in den USA (rund 40 %) – trotz der schwierigen Vereinbarkeit von Familie und Beruf dort.
Schritt in die richtige Richtung
Vor einigen Jahrzehnten hätte es die Forderung nach einer Quote für Frauen in der Führungsetage kaum auf die Tagesordnung geschafft, doch die Diskussion wird in den letzten Jahren immer vehementer geführt. Auch wenn die Zahlen nach wie vor ernüchternd sind, werden Schritte in die richtige Richtung gemacht. Das zeigt auch der Vergleich unserer CSR [g|1] Benchmarks 2019 und 2020.
Binnen eines Jahres haben sich die Angaben zu Frauen in Führungsrollen mehr als verdoppelt, nachdem sich 2019 mit 21 % der Unternehmen noch erschreckend wenige Firmen dazu geäußert haben. Der Weg zum Ziel ist zwar noch lang, doch es sind positive Tendenzen zu erkennen.
Good Practice: Telekom hat einen der besten Online-Nachhaltigkeitsberichte
Dementsprechend schwer ist es, positive Beispiele deutscher Großkonzerne herauszuheben. Nur in einem der 30 DAX-Vorstände sitzen mehr als 30 % Frauen (Stand April 2020)! Bei der Deutschen Telekom sind drei der sieben Vorstandsmitglieder weiblich (37,5 %). Auch die Telekom hat zwar Nachholbedarf, wenn es um Frauen in Führungspositionen geht – 2019 waren es gerade einmal 26 % – doch der Konzern gelobt Besserung. In ihrem CSR-Report, der in diesem Bereich eine Benchmark darstellt, setzt sich die Telekom das Ziel, bis Ende 2020 einen Frauen-Anteil von 30 % im mittleren und oberen Management zu erreichen. Wir sind gespannt, ob in der kommenden Veröffentlichung die angestrebten Werte realisiert werden.
Aus aktuellem Anlass lohnt sich ein Blick in die Führungsetage von Robert Bosch. Dort übernimmt mit Filiz Albrecht zum ersten Mal in der Firmengeschichte eine Frau einen Posten in der Geschäftsführung. Des Weiteren bietet Bosch eine interaktive Grafik an, in der Kennzahlen zum Gesamtanteil der Frauen an der Belegschaft sowie der weiblichen Führungskräfte transparent nachvollzogen werden können. Doch diese positiven Beispiele täuschen ein wenig über den Gesamteindruck hinweg, denn mit gerade einmal 15 % Frauen in Führungspositionen hat Bosch noch Luft nach oben. Nicht nur bei Bosch zeigt sich, dass zwar nach und nach Dinge angeschoben werden, doch noch immer ist die Differenz zwischen den Geschlechtern in Führungsetagen gewaltig.
Lösungsvorschlag: Weniger Quoten, mehr Initiative der Unternehmen
Es lässt sich zwar feststellen, dass es zunehmend mehr Frauen in Führungspositionen gibt, doch selbst Schnecken wären frappiert über die geringe Geschwindigkeit, die dabei an den Tag gelegt wird. Wie könnte die Lösung des Problems also aussehen?
Quotenregelungen klingen gut, sie sind ideologisch, doch es hapert an der Umsetzung, zumal sie nicht für alle Unternehmen gelten. Mit Quoten klammert man sich außerdem rein dogmatisch an Zahlen. Führungspositionen müssen unabhängig vom Geschlecht besetzt werden! Unter dieser Prämisse kann es jedoch sein, dass in einem Unternehmen 80 % der Führungsrollen von Männern, in einem anderen Unternehmen 80 % von Frauen (auch wenn wir davon noch weit entfernt sind) besetzt werden. Eine deutlich bessere Alternative zur Quote ist das intrinsische Bemühen der Unternehmen. Wie wir in unseren Benchmarks immer wieder betonen, müssen Konzerne von sich aus die Notwendigkeit erkennen, etwas ändern zu wollen und Führungspositionen freiwillig – ohne externen Druck – mit qualifizierten Frauen besetzen.
Wir sind gespannt, ob die Unternehmen ihre Ziele umsetzen und den anvisierten Zahlen nun auch Taten folgen lassen, spätestens in unserem CSR Benchmark 2021 werden wir schlauer sein.
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