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14. Dezember 2018 | Thorsten Greiten

Lose your own device – die Weihnachtsfeier als Experiment mit digitalem Sprengstoff

Beitrag: Lose your own device – die Weihnachtsfeier als Experiment mit digitalem Sprengstoff

Was Digitalisierung mit uns macht: So gehen wir damit um, wenn uns das Internet verwehrt bleibt.

Wie reagieren verschiedene Generationen auf Smartphone-Entzug? Ein kleines soziales Experiment, das jeder privat wie beruflich selbst durchführen kann, zeigt erstaunliche Ergebnisse, wie verschiedene Generationen im Alltag mit dem Thema Digitalisierung umgehen. Verschiedene Generationen heißt hier nicht die Beziehung zwischen Kindern, Eltern und Großeltern, sondern bezieht sich auf die verschiedenen Alterskohorten, von denen derzeit viel gesprochen wird.

Das Experiment

Bei einem traditionellen, adventlichen Gänseessen treffen fünf Familien aufeinander, die in ihrer Struktur den deutschen Bundesdurchschnitt ganz gut abdecken dürften. „Baby Boomer“ sind nicht mehr anwesend. Am Tisch sitzt die in den 1970ern geborene (Eltern-)Generation X, die die opulenten Gänse finanziert hat. Die Generation Y war nur über Erzählungen anwesend und nur Teil angeregter Diskussionen zum schwieriger gewordenen Berufsalltag. Generation Z (Geburtsjahrgänge 1996 - 2010) wird durch zwei Teenies und eine Bande von „Fortnite“-Sechstklässlern repräsentiert. Der Zukunftsforscher und Demograf Mark McCrindle hat sich dafür ausgesprochen, die nächste Generation, die seit 2010 geboren wird, „Alpha“ zu nennen. Auch diese Vertreter sind im Haus.

Unser Experiment beginnt damit, dass beim Betreten der Wohnung jedem Gast, egal wie alt dieser ist, sein Smartphone abgenommen wird. Die Geräte werden, ähnlich wie bei der Waffenabgabe beim Betreten eines Western Saloons, in einer Box gelagert.

  • So manchem anwesenden Teenager stockte bereits beim Anblick der Box der Atem.

Die wichtigsten Ergebnisse

Die Teenies waren beim Betreten der Wohnung sichtlich und allen Ernstes komplett geschockt. Erst nach mehrfacher Aufforderung und Erklärversuchen wurden die Smartphones in die Box gelegt. Die gezeigten Reaktionen entsprachen einer Art Teilamputation! Nach ca. 45 Minuten wurden dann tatsächlich die ersten Klau- und Ausweichversuche gestartet.

  • Der Gänselieferant kam 15 Minuten später und war sauer, weil er die korrekte Hausnummer nicht gefunden hatte. Die Gastgeberin konnte nicht erreicht werden, da sie ihre Handynummer angegeben hatte.
  • Erst nach einiger Zeit fiel auf, dass auch Smart Watches als „Digitale Störer“ eingesammelt werden mussten.
  • Erwachsene hatten seltsamerweise permanent den unbedingten Drang Fotos zu machen, kamen aber nicht an ihre Smartphones.
  • Die 10-Jährigen wirkten extrem unruhig, genervt und ideenlos und starteten mehrfach den Versuch, aufs iPad auszuweichen, um YouTube-Videos zu schauen.
  • Die Tischdiskussionen rund um geschichtliche, politische oder gesellschaftliche Themen verliefen oftmals ruhig und glimpflich ab, da keine Partei spontan Fakten auf Wikipedia oder ähnlichen Plattformen „mal eben“ checken konnte.
  • Die Musikauswahl im Hintergrund konnte nicht verändert werden, weil die Sonos Musikanlage nicht angesteuert werden konnte. Als dann hier eine Ausnahme gemacht und die Box geöffnet wird, stürmen die Kids direkt ran und wollen den Präzedenzfall nutzen.
  • Auch die spontane Absprache eines Folgetermins gestaltet sich schwierig, wenn niemand Zugriff auf einen Kalender hatte. Gut, wenn der Küchenkalender noch analog funktioniert.

Sehr positiv bleibt hängen: Es gab ein sehr erfolgreiches Schrottwichteln, es wurden gemeinsam Weihnachtslieder angestimmt und nach viel Rotwein schließlich auch im Wohnzimmer getanzt.

Was bedeutet dies für die Unternehmenskommunikation mit (zukünftigen) Stakeholdern im Konzern?

Generation X: Die aktuell (noch) wichtigste Zielgruppe (als Aktionär oder Konsument) fühlt sich mit den digitalen Angeboten und ihren unablässigen Push-Systemen gestresst und teilweise überfordert. Die Generation X ist froh und positiv überrascht über einen handylosen Freitagabend mit Freunden. Die Vorteile einer digitalen Auszeit werden sehr hoch geschätzt. Das Smartphone dient als Telefon, Organizer und Wissensspeicher. Was am meisten gefehlt hat, war die Option Fotos zu machen! Das heißt für Unternehmen: Leistungsangebote jeglicher Art müssen über Schnittstellen verfügen und digitalen Mehrwert liefern.

Generation Y: Sie ist gerade scheinbar bei allen Berufstätigen ein Reizthema. Der Buchstabe Y wird englisch why  („warum“) ausgesprochen, was auf die teils als charakteristisch für die Generation Y beschriebene Neigung zum Hinterfragen verweisen soll. Dies manifestiert sich derzeit vor allen Dingen im Berufsleben, wo zwei Welten aufeinandertreffen, die unterschiedlich mit den Themen Leistungsbereitschaft und Weiterentwicklung umgehen. Vor allem Personalabteilungen stehen hier vor großen Herausforderungen.

Generation Z: Ihre Welt ist unberechenbar und durchdrungen von einer Flut an Informationen, bei der es schwierig ist, den Überblick zu behalten. Kein Wunder also, dass die eigenen Freunde und Influencer diejenigen sind, denen sie am meisten Vertrauen schenken, wenn es um die Wahl eines Produkts oder einer Marke geht. Der größte anzunehmende Unfall ist der Ausfall des WLAN. Ein gekappter Zugang bedeutet Stress! Die digitale Konzernkommunikation (IR [g|1], MR [g|1], HR [g|1], CSR [g|1], Markenführung etc.) muss sich auf die kommenden Stakeholder einstellen und zukünftig andere Trigger bedienen. An die Stelle der bisher gelehrten „4 P“ treten nun „4 F“, mehr dazu hier.

Generation Alpha: Die völlig neue, junge Generation Alpha, die spätestens in 15 Jahren als Berufsanfänger in Kontakt mit den Konzernen geraten wird, kann ohne digitale Infrastruktur, bandbreitem Internetzugang und einem Angebot, das Freizeit und Alltag umrahmt, im sozialen Umfeld nicht überleben. Alles, was nicht digital ist, verschwindet komplett aus dem Blickfeld und scheint nicht mehr zu existieren.

Halten Sie in Ihrem Umfeld Augen und Ohren auf und ziehen Sie selbst Ihre Schlüsse: Wir leben in sehr spannenden Zeiten.

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