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16. Juli 2025 | Christian Berens

Barrierefreiheit: Der große Realitätscheck – Wenn Inklusion auf der Website zur Mission Impossible wird

Beitrag: Barrierefreiheit: Der große Realitätscheck – Wenn Inklusion auf der Website zur Mission Impossible wird

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ist seit 28. Juni in Kraft – doch die digitale Realität sieht anders aus als die Inklusionsversprechen in den Nachhaltigkeitsberichten. Ein charmanter Weckruf für alle, die noch glauben, Barrierefreiheit sei ein Nice-to-have.

Seit dem 28. Juni 2025 ist es offiziell: Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) ist da – und mit ihm eine ganze neue Dimension des „Das hätten wir früher angehen sollen“-Gefühls. Während sich einige noch fragen, ob die Website-Relaunch-Diskussion aus 2023 vielleicht doch wichtiger war als gedacht, klopft die Realität freundlich aber bestimmt an die Tür. Mit potentiellen Bußgeldern im Gepäck. 

Inklusion: Ein Thema, das alle bewegt – außer die eigene IT-Abteilung 

Wir leben in wunderbaren Zeiten: Selten wurde so viel über Inklusion gesprochen, nie waren Diversity-Statements so eloquent formuliert, und nie waren die Nachhaltigkeitswebsites mehr gespickt mit guten Absichten. Doch hier kommt der Plot Twist, der selbst Ethan Hunt – Hauptprotagonist bei Mission Impossible - erröten lassen würde: Während laut aktuellem CR Benchmark stolze 82% der Unternehmen über Inklusion sprechen, sind gerade einmal 50% der Nachhaltigkeitswebsites tatsächlich barrierefrei optimiert. 

Das ist besonders pikant, weil es sich hier um den Bereich handelt, wo man eigentlich das größte Interesse und die höchste Umsetzungsfreude für Inklusion erwartet hätte. Ausgerechnet der Bereich Nachhaltigkeit, scheint bei der digitalen Barrierefreiheit der hausinternen IT-Abteilung völlig ausgeliefert zu sein und wartet auf das große Corporate-Website-Barrierefreiheitupdate. Das ist ungefähr so, als würde man eine Dinner-Party für Vegetarier*innen planen – und dann nur Fleischgerichte servieren. 

Wenn Barrierefreiheit zum Kommunikationskiller wird 

Besonders aufschlussreich sind unsere zahlreichen Corporate Checks der letzten Monate: Das Thema Barrierefreiheit beschäftigt die Kommunikationsverantwortlichen mittlerweile so intensiv, dass man in den Gesprächen kaum noch zu den eigentlichen kommunikativen Themen kommt. Verständlich, schließlich brennt das Thema lichterloh wie so mancher Christbaum zu Weihnachten. Gleichzeitig ist es aber auch etwas erschreckend zu beobachten, wie sich manche Verantwortliche regelrecht hinter der Regulatorik verstecken – als wäre Barrierefreiheit ein lästiges Übel, das uns der Gesetzgeber auferlegt hat, anstatt eine sinnvolle Maßnahme für echte Inklusion. Dabei vergessen wir manchmal, dass barrierefreie Gestaltung nicht nur rechtlich geboten, sondern auch menschlich sinnvoll ist. 

Das BFSG: Nicht nur ein weiteres Akronym im regulatorischen Alphabet 

Das Schöne am BFSG ist seine Klarheit: Wer digitale Produkte und Dienstleistungen für Verbraucher*innen anbietet, muss diese barrierefrei gestalten. Punkt. Keine Diskussion, kein „Aber unser Budget“, kein ‚Das machen wir im nächsten Quartal‘ bzw. „Auf der Corporate Website verkaufen wir ja nichts“. Und wir sprechen hier von den größten deutschen Unternehmen im CR Benchmark.  
Die gute Nachricht? Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten oder weniger als zwei Millionen Euro Jahresumsatz sind ausgenommen. Die weniger gute Nachricht? Alle anderen sind dran – und der Mittelstand wird schneller betroffen sein, als man „Accessibility Statement" buchstabieren kann. 

Wenn die Realität auf das Powerpoint trifft 

Es ist schon bemerkenswert: Da stehen wir nun mit unseren glänzenden Inklusionsversprechen und merken plötzlich, dass wir nicht einmal unsere eigene Website barrierefrei hinbekommen haben? Die Frage, die sich dabei aufdrängt, ist so simpel wie unbequem: Wenn wir digitale Inklusion nicht auf der eigenen Corporate Website schaffen – wie glaubwürdig sind dann unsere internen Diversity-Initiativen? Wie stehen wir das als Marktführer für XYZ (bitte wahlweise Branche einsetzen) da? Das ist ein bisschen wie bei Ethan Hunt in „Mission: Impossible“ – nur dass diesmal die Mission wirklich unmöglich erscheint, wenn man sie nicht ernst nimmt. 

Der sanfte Appell 

Keine Sorge, noch ist nicht alles verloren. Und wer jetzt schnell handelt, kann durchaus noch das Ruder herumreißen. Schließlich profitieren von barrierefreien Websites nicht nur Menschen mit Behinderungen – auch alle anderen Nutzer*innen freuen sich über klare Strukturen, gute Kontraste und verständliche Navigation. 

Ausblick: Der CR Benchmark bringt Klarheit 

Wie es wirklich um die Nachhaltigkeit in der deutschen Unternehmenskommunikation steht, wird die nächste Ausgabe des CR Benchmarks zeigen, der in Kürze veröffentlicht wird.

Dann werden sehen, wer nicht nur bei der digitalen Inklusion in der Nachhaltigkeitskommunikation Vorreiter ist – und wer noch Nachholbedarf hat. 

Also: Packen wir's an – mit Charme, aber ohne weitere Ausreden. 

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