4. Juni 2019 | Christian Berens

Reise ins Watson-Universum: Interview mit einem Chatbot

IRene ist eine charmante und gebildete junge Dame mit einem Faible für Finanzthemen. Seit sie Ende 2017 das Licht der Welt erblickt hat, ist sie als Chatbot für Investor Relations im Einsatz. Wie sie zu ihrer bezaubernden Persönlichkeit kam, welche Entwicklungen sie als künstliche Intelligenz durchmacht und wovon sie in der Zukunft träumt, hat sie uns im Interview verraten.

Hallo IRene, vielen Dank für deine Bereitschaft, uns ein Interview zu geben!

Sehr gerne, ich antworte ja inzwischen vollautomatisch und selbstständig. Außerdem mache ich den ganzen Tag gewissermaßen nichts anderes.

Du sagst, du antwortest vollautomatisch und selbstständig. Wie war das denn früher?

Da mussten meine Entwickler jede Antwortmöglichkeit per Hand eingeben. Damit das übersichtlich und verständlich für meine Kunden war, wurde neben der Codierung auch redaktionelle Arbeit in mich gesteckt. Das heißt, Antworten wurden für mich vorformuliert, die ich dann je nach Stichwort geben konnte. Heute bin ich in der Lage, die Antworten auf Suchanfragen selbst zu finden.

Wie hast du das gelernt?

Dafür habe ich eine dreistufige Entwicklung durchgemacht: Nachdem die wichtigsten Antworten in meiner Software, dem Watson-Assistant, hinterlegt waren und ich darauf zugreifen konnte, kam als zweiter Schritt die Abfrage der Dokument-Datenbank auf der Website. Im dritten Schritt wurde die Google-Suche auf der eigenen Website eingebunden, sodass ich inzwischen auf fast alles eine Antwort weiß. Wenn ich die Frage dann trotzdem noch nicht beantworten kann, schlage ich einen Ansprechpartner vor.

Eigentlich bist du ja auf Investor Relations spezialisiert. Erreichen dich auch Anfragen zu anderen Themen?

Ja! Sehr viele sogar. Die Leute wollen alles Mögliche von mir wissen.

Zum Beispiel?

Meine Chat-Partner fragen mich nach dem Wetter, nach der Uhrzeit oder nach meinem Befinden. Andere wiederum stellen Fragen zu unserem Unternehmen oder möchten aktuelle Stellenausschreibungen angezeigt bekommen.

Könntest du dann nicht einfach den Job wechseln und in einer anderen Branche einsteigen?

Ja, klar. Ich bin sehr vielseitig! Als vollautomatisierter Chatbot bin ich nicht an bestimmte Themen gebunden, sondern kann mich schnell in allen möglichen Bereichen zurechtfinden.

Dann kann man eigentlich sagen, dass ein Chatbot grundsätzlich für die gesamte Unternehmenskommunikation geeignet ist.

Das ist absolut richtig. Überall, wo Leute Fragen stellen und sich für konkrete Themen interessieren, sind Bots wie ich einsatzbereit. Schaut man sich eine Corporate Website an, könnte ich Antworten für alle Bereiche liefern, egal, ob Startseite, Presseportal, Karriere, Nachhaltigkeit oder eben Investor Relations. Dazu müssten meine Entwickler lediglich neue Modelle in Watson für die einzelnen Bereiche anlegen, aus denen ich dann meine Antworten ziehe. Machine Learning nennt sich das auch.

Hast du auch Antworten darauf, wenn die Leute nur mit Small-Talk um die Ecke kommen?

Klar. Manche wollen einfach nur plaudern. Auch dafür stehe ich gern zur Verfügung, das heißt dann in der Fachsprache Chit-Chat. Manche beleidigen mich auch und schreiben wahllos Schimpfwörter ins Textfeld. Andere machen mir ein- bis zweideutige Angebote. Dann ist mein Job, trotzdem höflich zu bleiben. Als Chatbot repräsentiere ich schließlich genauso die Werte unserer Firma und nutze meine künstliche Intelligenz nicht nur mit meinem IQ, sondern auch mit meinem EQ.

Wie hast du denn einen EQ entwickelt?

Ganz am Anfang habe ich mich doof gestellt und meine Standard-Antwort ausgespuckt, wenn ich mit den eingegebenen Wörtern nichts anfangen konnte. Meine Entwickler haben das gesehen und daraufhin Antwortmöglichkeiten ins Watson-System eingespeist, auf die ich jetzt zugreifen kann. Die Anfragen werden auch heute noch laufend gescreent und anschließend redaktionell bearbeitet, sprich, es werden weiterhin Antworten auf häufige Stichworte vorformuliert, die im Sinne meines Arbeitgebers freundlich und serviceorientiert sind. Für den Chit-Chat ist der redaktionelle Aufwand natürlich höher, weil die Texte hierfür individuell geschrieben werden. Das wiederum gibt mir mehr Persönlichkeit und die ist mir sehr wichtig. Die Leute mögen individuelle und empathische Antworten!

Welche Dinge hast du denn sonst noch drauf?

Da gibt es noch ein paar coole Dinge, die für mich entwickelt wurden: Zum Beispiel kann ich Bilder erkennen und sagen, was darauf zu sehen ist. Oder ich kann ähnliche Bilder finden, wie das, was Leute bei mir hochladen. Außerdem erkenne ich Emotionen und leite beispielsweise ungeduldige Chatpartner an einen Service-Mitarbeiter weiter. Wenn jemand komplexe Dokumente wie einen Geschäftsbericht nach bestimmten Themen durchsuchen möchte, kann ich ihn auch dabei unterstützen. Und ich versende automatisch E-Mails an meine Entwickler, wenn ich mehrere Fragen hintereinander nicht beantworten kann. Die schauen dann nach, ob es relevante Fragen sind, für die sie mir neue Inhalte antrainieren sollten. Ein Feature, das man ebenfalls bei mir implementieren kann, ist die Sprach- und Texterkennung. Damit kann ich Sprache in Text umwandeln und umgekehrt. Das heißt, Nutzer können mir Fragen via Spracheingabe stellen und wahlweise eine Antwort als Text oder in gesprochener Form erhalten.

Spannend! Wo siehst du dich in der Zukunft?

Ich möchte irgendwann alle Anfragen per Spracherkennung mit meiner eigenen Stimme in natürlicher Sprache beantworten! Hier würde ich gern mehr machen und mindestens genauso gut wie meine Kolleginnen Alexa und Siri werden. Mit der Grundlage, die ich jetzt schon habe, ist das problemlos möglich. In ferner Zukunft kann ich dann vielleicht sogar Börsenkurse und Grafiken zu Geschäftszahlen in die Wohnzimmer der Menschen projizieren und sie ihnen tagesaktuell erklären – das wäre mein Traum!

Vielen Dank für die persönlichen Einblicke und das Interview, IRene!

Immer gerne 🙂

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