4. September 2019 | NetZwerg

Erfolgreiche CSR-Kommunikation bei thyssenkrupp: Das Doppelinterview zu unserem Benchmark

Die thyssenkrupp AG hat in unserem CSR Benchmark die Top 3 erreicht. Thies Eisele (links im Bild), Manager Employee Communication & CSR, und Daniel Schleifer, Senior Manager Sustainbility, haben uns im Interview verraten, was die CSR-Kommunikation bei thyssenkrupp so erfolgreich macht und welche Herausforderungen ihre Arbeit prägen.

Herr Schleifer, Herr Eisele, herzlichen Glückwunsch zum Erreichen der Top 3 in unserem CSR Benchmark! Verraten Sie uns Ihr Erfolgsgeheimnis in der CSR-Kommunikation bei thyssenkrupp?

Thies Eisele: Danke, wir freuen uns darüber. Und zur Frage: Authentizität und Offenheit. Das klingt erstmal nach einer Binsenweisheit, ist aber entscheidend.

Wenn, wie bei uns, mit Stahlproduktion die CO2-intensivste Industrie Deutschlands zum Portfolio gehört, kann man diesen Fakt nicht wegreden. Wir gehen das Thema kommunikativ offen an. Zum einen tun wir alles, um den CO2-Ausstoß zu minimieren – unsere Stahlwerke gehören auch diesbezüglich zu den fortschrittlichsten überhaupt – und wir beschönigen nichts.

Daniel Schleifer: Dafür hat die Non-Profit-Organisation CDP (ehemals Carbon Disclosure Project) uns in ihre globale „Climate A List“ aufgenommen, die weltweit weniger als 200 Unternehmen umfasst; unter anderem auch gerade weil wir unsere Daten zu unserem Ausstoß so offenlegen und gleichzeitig an Lösungen arbeiten. Wenn die wirtschaftliche Situation des Unternehmens bestimmte CSR-Aktivitäten nicht, nicht mehr oder nicht mehr im gleichen Umfang zulässt, sollte man sich nicht als Riesenspender darstellen, das kommt spätestens bei den Mitarbeitern nicht gut an.

Eisele: Handwerklich kommt stets noch dazu, das richtige Maß zu finden zwischen der notwendigen Vermittlung von Fakten und Emotionalität. Letztere ist und bleibt unverzichtbar, um Inhalte an die Zielgruppe zu bringen. Gleichzeitig darf es aber nicht plump daherkommen oder womöglich die faktische Botschaft überlagern.

Für welche Themen rund um die gesellschaftliche Verantwortung von thyssenkrupp interessieren sich Ihre Zielgruppen besonders?

Schleifer: Auf unseren Social-Media-Kanälen entsteht die stärkste Interaktion regelmäßig um den Themenkomplex Stahl/Klima. Aktuell entsprechend dem gesellschaftlichen Trend natürlich verstärkt, Klimawandel und Klimaschutz sind das Topthema, zu dem sich immer wieder auch intensive Diskussionen unter den Usern auf unseren Kanälen entwickeln.

Eisele: 2015 war das übrigens ähnlich intensiv, allerdings mit der sogenannten Flüchtlingskrise als beherrschendes Thema. Etwa, wenn wir über unser Engagement im Rahmen des Netzwerks „Wir zusammen“ zusätzliche Praktikumsplätze für Geflüchtete bereitgestellt und darüber berichtet haben. Da gab es auch hässliche Kommentare. In solchen Fällen gilt es dann auch als Unternehmen Haltung zu zeigen und für seine Werte einzustehen.

Worin sehen Sie in der CSR-Kommunikation aktuell die größte Herausforderung und worin die größte Chance?

Eisele: In einer wirtschaftlich schwierigen Situation das richtige Maß zu finden aus sozialem und ökologischem Engagement und dessen Kommunikation, ohne – vor allem interne – Adressaten zu verprellen. Also weiter Gutes tun und angemessen darüber reden können ohne unbeabsichtigt kontraproduktive Botschaften zu senden. Die Gefahr, dass die Sorge um das eigene Auskommen oder den Arbeitsplatz mit dem gesellschaftlichen Engagement des Arbeitgebers gegengerechnet wird, ist real. Wenn aber Geflüchtete oder Umweltschutz mit dem Vorwurf „für sowas“ sei Geld da zum Sündenbock gemacht werden, muss man gegensteuern. Idealerweise gelingt dieser Spagat.

Schleifer: Chance und Lösung in der Nachhaltigkeitskommunikation ist natürlich immer, wenn neben eigenen Bemühungen auch Produkte und Dienstleistungen, die man anbietet, darauf einzahlen – man also auch seinen Kunden ermöglicht, nachhaltiger zu produzieren. Dann wird Nachhaltigkeit zum Business-Case.

Sie berichten über Ihr Nachhaltigkeitsengagement innerhalb des Geschäftsberichts, also als integrierte Berichterstattung. Was hat Sie dazu bewogen, den CSR-Bericht in den Geschäftsbericht zu integrieren, anstatt diesen separat zu veröffentlichen?

Schleifer: Wir betrachten Nachhaltigkeit als integralen Bestandteil des Geschäfts, über definierte Ziele, die wir bewusst „indirekt-finanzielle Ziele“ nennen. Wenn man seine Aktivitäten in dem Bereich so klar eben nicht als eine Art Extra betrachtet, das man sich unabhängig vom Geschäft „gönnt“, ist es nur folgerichtig, dann auch integriert zu berichten.

Was ist für Sie die größte Herausforderung beim integrierten Reporting?

Schleifer: Mit dem Geschäftsbericht muss man – beim integrierten Reporting möglicherweise noch stärker – den Erwartungen unterschiedlicher Stakeholdern gerecht werden. Investoren wollen eher harte Fakten und nackte Zahlen sehen, die interessierte Öffentlichkeit dagegen mehr Geschichten, Beispiele, Hintergründe. Daher versuchen wir, diesen unterschiedlichen Interessen auch dadurch gerecht zu werden, dass wir verschiedene Formate effektiv miteinander verbinden und so jedem die für ihn relevanten Informationen geben können.

Welche Bedeutung haben soziale Medien und Business-Netzwerke in Ihrer CSR-Kommunikation?

Eisele: Durch ihren dialogischen Charakter sind die sozialen Medien für unsere Kommunikation insgesamt wichtig. Mit Blick auf Ihre erste Frage ganz besonders: Im direkten Dialog mit den Usern können wir mit der genannten Offenheit und Authentizität, Kritik, Fragen und Sorgen aufgreifen. Im Idealfall machen wir so glaubhaft, dass wir keinen Nach-uns-die-Sintflut-Kapitalismus betreiben, im Gegenteil. Im ganz altmodischen Vis-à-vis-Kontakt zählen und wirken Offenheit, Zugewandheit und Authentizität nach wie vor. Wie kürzlich beim Treffen unseres Vorstandsvorsitzenden mit zwei Fridays-for-Future-AktivistInnen, die unsere erst neulich veröffentlichten Klimaziele kritisch sehen. Das Treffen wiederum war über Interaktion in den sozialen Medien überhaupt erst zustande gekommen.

Inwiefern unterstützt die Digitalisierung sowohl Ihre Arbeit als auch thyssenkrupp insgesamt, um nachhaltiger zu wirtschaften?

Schleifer: Daten und Vernetzung spielen in allen unseren Geschäftsbereichen eine zunehmende Rolle – ob in der Produktion oder im Service. Sie ermöglichen nachhaltigeres Wirtschaften. Sei es in der feiner steuerbaren Produktion von Stahl, Optimierung von Lieferketten oder bei der vorausschauenden Wartung von vernetzten Aufzugsanlagen.

Abschließend unsere Lieblingsfrage: Gibt es einen Film, der Sie besonders begeistert? Falls ja, welcher ist das und warum?

Eisele: Da muss ich jetzt aber nicht mit Gewalt eine Brücke zu CSR schlagen, oder? Den einen Film gibt es da bei mir sowieso nicht. „Master & Commander“ ist ein persönlicher Klassiker meiner Frau und mir – historisch glaubhaft realisiert und erzählerisch dicht inszeniert. Fürs Herz kann ich immer wieder gerne „Beautiful Girls“ ansehen, oder Spielbergs „Reich der Sonne“. Und für die mentale Hygiene kann ich ab und zu mal gut den Kopf durchspülen mit etwas Schrägem wie zum Beispiel Peter Jacksons „Meet the Feebles“.

Schleifer: Zu den Filmen, die ich immer wieder angucken kann, ohne dass ich ihrer überdrüssig werde, gehören auf jeden Fall „Der Pate“ und „Pappa ante Portas“. Kaum ein Tag, wo man nicht daraus zitieren könnte. Und ein Pflichtfilm zu Weihnachten ist bei uns „Tatsächlich Liebe“, weil uns die Mischung aus Humor und Herzschmerz hier besonders gut gefällt.

Vielen Dank für Ihre interessanten Schilderungen und die Einblicke in Ihre Arbeit, Herr Eisele und Herr Schleifer!

Hier finden Sie den CSR Benchmark 2019, bei dem thyssenkrupp den dritten Platz erreicht hat.

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