Das Erfolgsgeheimnis der digitalen Nachhaltigkeits-kommunikation von REWE: Julia Dopjans und Julia Vollbracht im Interview
Was ist das Erfolgsgeheimnis guter Nachhaltigkeitskommunikation? Im Interview geben Julia Dopjans und Julia Vollbracht Einblicke in die Corporate Responsibility-Arbeit von REWE.
Interview mit der Unternehmenskommunikation der REWE Group zum CR Benchmark
NetZwerg: Herzlich Willkommen, Julia Dopjans und Julia Vollbracht. Schön, dass Ihr da seid. Und vorab: Gratulation zu Eurem beeindruckenden ersten Platz im CR Benchmark, den ihr nun zum dritten Mal in Folge erreicht habt. Dies unterstreicht Eure führende Rolle im Bereich der Nachhaltigkeit. Auf eurer Website zeigen sich beeindruckende Beispiele für eure Haltungskommunikation. War das schon immer ein Markenzeichen von REWE oder wann und wodurch hat sich das geändert?
Julia Dopjans: Danke, das freut uns! Traditionell ist der Handel ja eher für seine zurückhaltende Kommunikation bekannt: Waren verkaufen und sich ansonsten bedeckt halten lautete lange Zeit die Devise. Das hat sich inzwischen geändert – denn natürlich stehen wir als Teil der Lebensmittelwertschöpfungskette und durch unsere vielen Millionen täglichen Kundenkontakte in einer Verantwortung. Kund:innen und unsere Stakeholder erwarten von uns Antworten und Orientierung und möchten wissen, wo wir bei Themen wie Nachhaltigkeit stehen. Wir haben den Anspruch, uns konstruktiv mit ihnen auseinanderzusetzen, denn wir glauben daran, dass gesellschaftliche Diskurse uns weiterbringen können. Wenn uns ein Thema wichtig ist und als Unternehmen betrifft, nehmen wir gerne auch mal eine Vorreiterrolle ein.
NetZwerg: Ihr habt die Rubrik Politik in der Hauptnavigation Eurer Corporate Website eingebunden. Diese Seite habt Ihr in den letzten beiden Jahren konsequent weiterentwickelt. Viele Unternehmen halten sich hinsichtlich der politischen Positionierung eher zurück. Ist das nachvollziehbar? Welche Erfahrungen macht Ihr damit?
Julia Vollbracht: In der Tat haben wir den Politikteil unserer Website gemeinsam mit unserem Public Affairs-Team kontinuierlich ausgebaut, denn als genossenschaftliches Unternehmen ist für uns klar: Wir können nicht unpolitisch sein. Die Zielgruppe Politik ist für uns eine wichtige Stakeholdergruppe die mit fast allen Themen im Unternehmen Berührungspunkte hat. Wir wollen und müssen als eines der größten privatwirtschaftlichen Unternehmen in Deutschland Haltung zeigen. Aus diesem Grund haben wir vor zwei Jahren auch die Rubrik „Stimmen des Monats“ ins Leben gerufen. In diesen Meinungsbeiträgen beziehen die Wortgeber:innen Stellung zu konkreten politischen Vorhaben, stellen REWE Group-Maßnahmen vor und stoßen notwendige Debatten an. Die „Stimmen des Monats“ wie auch die Positionspapiere oder die Vorstellung der Public Affairs-Kolleg:innen zahlen auch ganz klar auf das Thema Transparenz ein.
NetZwerg: Viele CR-Profis werden durch die zunehmende Regulatorik vor immer größere Herausforderungen gestellt. Im aktuellen CR Benchmark stellen wir fest, dass sich Unternehmen bei der Kommunikation von Fakten und Kennzahlen mehr und mehr zurückhalten. Könnt Ihr diesen Trend nachvollziehen?
Julia Dopjans: Du spielst auf CSRD, die Green Claims Direktive und weitere Regulierungen mit Nachhaltigkeitsschwerpunkt an, die aktuell verhandelt werden. Das stellt Unternehmen natürlich vor einige Herausforderungen – nicht nur in Bezug auf Prozesse und Kapazitäten, zum Beispiel bei der Erhebung von Daten, sondern auch weil es teilweise noch Unklarheiten und Interpretationsspielraum bei den Entwürfen gibt. Insofern können wir eine gewisse Zurückhaltung verstehen. Grundsätzlich finden wir, dass alle Konsument:innen in der Lage sein sollten, bewusste (Kauf-)Entscheidungen zu treffen. Und dafür braucht es harmonisierte Standards. Das unterstützen wir voll und ganz. Die Details sollten aber am Ende so ausgestaltet sein, dass eine wirkungsvolle und fundierte Nachhaltigkeitskommunikation weiterhin möglich ist – für große wie kleine Akteure. Sonst passiert das, was du beschreibst – und die Zurückhaltung nützt den Verbraucher:innen letztlich auch nicht.
NetZwerg: In Eurem digitalen Nachhaltigkeitsbericht kommuniziert Ihr Fakten und Kennzahlen sehr transparent. Seit wann setzt Ihr den Nachhaltigkeitsbericht auch digital um, und welche Erfahrungen habt Ihr damit gemacht?
Julia Vollbracht: Seit 2018 erscheint der Nachhaltigkeitsbericht der REWE Group jährlich in rein digitaler Form. Damit haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht, denn unser Bericht ist digital natürlich einer größeren Interessensgruppe zugänglich und wir können die Inhalte unserer Corporate Website besser mit dem digitalen Bericht verknüpfen und diesen ergänzen. Wer also aktuelle Informationen, Hintergründe oder Storys zu den Themen aus dem Nachhaltigkeitsbericht sucht, ist nur einen Klick entfernt.
NetZwerg: Inwiefern unterstützt Digitalisierung sowohl Eure Arbeit als auch die REWE Group insgesamt, um nachhaltiger zu wirtschaften?
Julia Dopjans: Die Themen Digitalisierung und Technologie durchdringen bei uns alle Bereiche und unser Anspruch ist es, immer den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen - insofern gehören Digitalisierung und Nachhaltigkeit für uns eng zusammen. Um nur ein paar Beispiele zu nennen: Wir optimieren die Lieferrouten unserer Logistik digital und sorgen mit der digitalen Rückverfolgbarkeit von Produkten für mehr Transparenz in der Lieferkette. Unsere modernen Prognosesysteme und Logistiktools tragen dazu bei, dass REWE und PENNY im Jahresdurchschnitt 98 Prozent der angebotenen Lebensmittel verkaufen und weniger Lebensmittelabfälle entstehen.
Julia Vollbracht: Und natürlich prüfen wir auch ständig, wie wir unsere Kommunikation mit Hilfe der Digitalisierung nachhaltiger gestalten können: Nicht nur unsere Unternehmensberichte gibt es rein digital, seit Juli 2023 verzichten wir bei REWE auch auf den Druck von rund 25 Millionen Print-Prospekten pro Woche und setzen stattdessen auf unsere digitalen Lösungen wie die REWE App oder Whatsapp.
NetZwerg: Worin seht Ihr in der Nachhaltigkeitskommunikation aktuell die größte Herausforderung und worin die größte Chance?
Julia Dopjans: Wie bereits erwähnt unterliegen Nachhaltigkeitsaktivitäten von Unternehmen immer stärker Regulierungen und Gesetzen. Dies wird die Nachhaltigkeitskommunikation von Grund auf verändern und führt aktuell zu Verunsicherung darüber, welche Inhalte kommuniziert werden dürfen. Manche sprechen sogar schon von einem Trend zum sogenannten “Green Hushing”: Viele Unternehmen setzen sich zwar weiterhin ehrgeizige Nachhaltigkeitsziele, scheuen sich aber, öffentlich darüber zu sprechen und halten sich mit Informationen über Fortschritte und Erfolge zurück – aus Angst vor Kritik oder Klagen. Doch aus Studien und Befragungen wissen wir auch: Kund:innen benötigen nach wie vor Orientierung bei ihren nachhaltigen Konsumentscheidungen, geht es doch mittlerweile um so komplexe Themen wie Tierwohl, Klima oder faire Lieferketten. Darin liegt nach wie vor die Chance: Wir nehmen die Herausforderung an, auch zukünftig Regulatorik-konform zu kommunizieren, und unsere Kund:innen auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit mitzunehmen.
NetZwerg: Abschließend noch ein Blick in die Glaskugel. Gibt es aus Eurer Sicht CR-Themen, die in der Kommunikation zukünftig an Bedeutung gewinnen werden?
Julia Dopjans: In Zeiten multipler Krisen steigt der Bedarf an Orientierungswissen, um aktuelle Ereignisse einordnen und fundierte (Kauf-)Entscheidungen treffen zu können. Im Bereich der Nachhaltigkeit gilt dies insbesondere für den Klimawandel, denn hier treffen Wissenschaft, Politik und Handlungsdruck aufeinander. Unsere Herausforderung in der Kommunikation ist zum einen die Komplexität des Themas, denn viele Maßnahmen sind erklärungsbedürftig - wie zum Beispiel unsere SBTi-Maßnahmen. Jede unserer Interessensgruppen erwartet und verträgt ein anderes Maß an Komplexität, und doch müssen und wollen wir alle mitnehmen. Auf der anderen Seite wollen wir aber auch ein positives Zukunfts-Narrativ schaffen und Menschen für Klimaschutz-Maßnahmen begeistern – denn klar ist, dass wir das nur schaffen, wenn alle mitziehen.
Julia Vollbracht: Unabhängig vom Thema wird die Nachhaltigkeits-Kommunikation noch digitaler und multimedialer. Die Zeiten rein textbasierter Kommunikation sind bei vielen Interessensgruppen vorbei. Stattdessen sind Bilder, Grafiken, Animationen, Videos oder Podcasts ebenso gefragt wie “Snackable Content”, der auch Spaß machen soll. Für uns bedeutet das, dass wir unsere Corporate Website und auch internen Prozesse stetig weiterentwickeln müssen.
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